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Muster – Wie man einen Teppich liest.

Wenn man versteht, woher ein bestimmtes Muster kommt und wofür bestimmte Symbole stehen gewähren ältere Teppiche faszinierende Einblicke in ihre Geschichte. Es gab eine Zeit, in der man mit ziemlicher Sicherheit vom Design eines Orientteppichs auf das Land, die Stadt oder sogar das Dorf schließen konnte, in dem er gewebt oder geknüpft wurde. Die weltweite Verbreitung der Muster nach der großen kommerziellen Expansion zu Beginn des 20. Jahrhunderts bewirkte, dass dies heute weniger der Fall ist.

Die Muster wurden traditionell auf Musterplatten – wie den unten – von Hand vorgezeichnet und dann nachgeknüpft. Heute werden die Teppichmuster digital erstellt und ausgedruckt.

Ein Foto von Musterplatten, nach denen Teppiche geknüpft werden.

Es gibt zwei grundsätzlich verschiedene Muster-Typen: Teppich-Designs können entweder das gesamte Feld mit einem sich wiederholenden Motiv füllen oder um ein dominantes Medaillon angeordnet sein.

Durchgemustert

Teppiche mit einem durchgehend wiederholenden Motiv werden auch als durchgemustert oder All-Over-Design bezeichnet.

Eines der ersten und ursprünglichsten Teppichmuster ist das sogenannte Herati-Muster. Es besteht aus einer Rautenform mit floralen Motiven an den Ecken, die von lanzettförmigen Blättern – teilweise auch mahi (farsi für Fisch) genannt – umgeben sind.

Malayer Herati Muster

Noch heute wird das Herati-Muster in fast allen persischen Teppichknüpfzentren  sowie von Nomadenstämmen im Iran geknüpft.

Ein weiteres Muster, das weite Verbreitung erfahren hat, ist das Harshang- oder Krabben-Muster, das zuerst im Khorasan-Distrikt in Persien verwendet wurde und aus krabbenartigen Palmetten mit offenen Krallen besteht.

Das antike Boteh Motiv fand schnell in ganz Persien und Indien weite Verbreitung. Es gehört neben dem Herati Muster zu dem gebräuchlichsten Orientteppich-Muster. Insbesondere ist es bei kaukasischen und persischen Teppichen zu finden. Es handelt sich um ein geschwungenes mandelförmiges Motiv, das aufrecht steht und sofort an der umgebogenen Spitze zu erkennen ist. In Europa entstand daraus das nierenförmige Paisleymuster. Vielfach wurde die Form als Flamme – verbunden mit dem Feuerkult der Parsen, den Anhängern der Lehre Zarathustras – oder als abgebogenes Palmblatt bezeichnet. Seinen Ursprung hat das Muster jedoch wahrscheinlich in einer Darstellung einer Zypresse, die in vielen Gebieten der Kunst Persiens eine wichtige Rolle spielte. Das Boteh Muster ist in unterschiedlichsten Anordnungen, in einem kurvenförmigen oder geradlinigen Stil zu finden.

Medallions

Die ersten Aufzeichnungen über die Verwendung zentraler Medaillons in symmetrischen Mustern stammt aus persischen Manuskripten des 15. Jahrhundert und fand etwa im 16. Jahrhundert seinen Weg in die Teppichmuster.

Die klassischen frühen Täbriz Medaillonteppiche aus dieser Zeit zierten schönen großformatigen Medaillons, die von kunstvoll gezeichneten floralen Spiralen überlagert oder eingefasst wurden.

Ein Foto von einem Nain Teppich mit einem zentralen Medaillon.
Die Medaillontradition hat sich über die Jahrhunderte fortgesetzt und wird sowohl geschwungen – wie bei vielen in Täbriz geknüpften Teppichen – als auch geradlinig – wie es bei den Teppichen aus Heriz oder Kazak der Fall ist – interpretiert. Nicht nur in Persien, sondern auch in Anatolien und im Kaukasus werden Medaillons noch heute benutzt, obwohl hier überwiegend geometrische Formen dominieren. Das Medaillon befindet sich in den allermeisten Fällen zentriert in der Mitte des Teppichs. Seltener sind aber auch mehrere Medaillons übereinander angeordnet.

Piktogramme 

Im 18. und 19. Jahrhundert entfernten sich manche Werkstätten von abstrakten Mustern und wählten stattdessen Motive aus klassischer Prosa und Poesie. Szenen der Jagd, des höfischen Lebens oder mythischen Motive wurden in Wolle und Seide gewebt und geknüpft wobei feinere Teppiche kompliziertere und genauere Abbildungen zulassen.


Die Manufakturen in der iranischen Stadt Kerman (oder auch Kerman) waren besonders geschickt in der Darstellung komplizierter, naturalistischer Szenen und holten sich ihre Inspiration oft in westlichen Kunstwerken.

Moderne Piktogramme insbesondere aus Afghanistan zeigen häufig Waffen oder andere Symbole der andauernden kriegerischen Auseinandersetzungen in der Region. 

Lebensbaum

Weit verbreitet ist der Lebensbaum. Er stellt das ewige Leben dar und ist ein wesentliches Thema in Mythologie und Religion. Die Bäume wachsen von der Basis des Feldes und füllen den Rest des Teppichs mit grünen Ästen, die mit Blumen oder Vögeln verziert sind. Oft ist am Fuß des Baumes einen Wasserlauf oder ein Becken mit wandernden Tieren abgebildet. Der Baum selbst symbolisiert die Verbindung zwischen Himmel, Erde und der Unterwelt.

Ein Foto eines Seidenteppichs mit Lebensbaum Motiv.

Das Paradiesgarten Muster ist typisch für die safawidische Epoche. Paradiesgarten-Teppiche zieren eine stilisierte, geometrisierte Darstellung eines traditionellen persischen Gartens mit feingliedrigen Pflanzen und Bäumen. Das griechische Wort Paradeisos geht auf das mittelpersische Wort pardēs zurück. Ursprünglich bezog sich das Wort auf die persischen Königsgärten und erhielt erst im biblischen Zusammenhang die Konnotation des Gottesgartens. Die fruchtbaren und kunstvollen Königsgärten beherbergten vielfältige exotische Pflanzen und Tiere und waren umgeben von einer Mauer, symbolisch für die Trennung zwischen Himmel und Erde. Traditionelle persische Gärten des Paradieses waren rechteckig, mit einem Fluss oder einem Wasserkörper, der von Norden nach Süden und von Osten nach Westen verläuft und ein Kreuz bildet, das den Garten in vier Abschnitte unterteilt. Auch in Teppichen, die Paradiesgärten abbilden, spielt die Darstellung des in dürren Gebieten äußerst kostbaren Wassers eine herausragende Rolle.

Gebetsnische (Mehrab oder Mihrab)

Im sogenannte Mehrab oder Mihrab Muster wird die islamische Gebetsnische, die die Gebetsrichtung qibla also die Richtung Mekkas in Moscheen anzeigt, dargestellt. Traditionell werden Teppiche mit dem Mihrab Muster von Muslimen zum Beten verwendet und sind daher besonders kostbar. 

Ein Foto eines Ghom Seidenteppichs mit sogenanntem Mehrab oder Mihrab Muster.